Mit der Schaffung von Familienzentren wurde 2006/2007 ein erfolgreicher Versuch unternommen, Eltern den Zugang zu niedrigschwelligen Unterstützungsangeboten zu erleichtern. Im Jahr 2007 wurden die ersten 261 Kindertagesstätten mit dem Gütesiegel „Familienzentrum NRW“ ausgezeichnet. Mit der Weiterentwicklung von Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren trägt das Land Nordrhein-Westfalen zu einer erweiterten Unterstützungsstruktur für Kinder und Eltern bei, um den wachsenden Herausforderungen an den Familienalltag zu begegnen.
Vor allem in benachteiligten Gebieten, die oft von einer unzureichenden Infrastruktur und von Armut geprägt sind, können die Familienzentren dazu beitragen, Handlungsstrategien zu entwickeln, die die gesellschaftliche Teilhabe benachteiligter Familien fördern und damit einen Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit leisten.
Niedrigschwellige Unterstützung im Alltag
Ziel des Landesprogramms ist es, Familien bei der Erziehung und im Alltag zu unterstützen und damit sowohl zu einer frühzeitigen Förderung und Prävention als auch zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf und zu mehr Chancen- und Bildungsgerechtigkeit beizutragen.
Die Stärkung der frühkindlichen Bildung – verbunden mit einer bestmöglichen Unterstützung für Familien – gehört zu den wichtigsten Zielen der Landesregierung. Gerade bei der frühen Förderung junger Familien haben die Familienzentren eine Schlüsselstellung. Sie sind erfolgreiche Präventionsmodelle und unverzichtbar, wenn es darum geht, Kindern bestmögliche Startchancen zu eröffnen. Sie sind ebenso unverzichtbar bei der Förderung der Erziehungs- und Bildungskompetenz der Eltern.
Familienzentren sollen u.a.
Kinder umfassend individuell fördern und den Bildungsauftrag intensivieren;
Sprachdefizite, insbesondere bei Kindern aus Zuwandererfamilien, früh feststellen und systematisch abbauen;
Stärken und Schwächen der Kinder früh erkennen und Eltern in Fragen der Erziehung, Bildung, Gesundheit etc. gezielt und bereits sehr früh beraten;
Kindertagesstätten zum Bildungs- und Erfahrungsort für Kinder und ihre Eltern weiterentwickeln und damit Eltern in ihrer Erziehungskompetenz stärken;
Eltern bei Alltagskonflikten helfen und diese Hilfe unmittelbarer und ohne Hemmschwellen zugänglich machen;
Zuwandererfamilien und Familien aus bildungsfernen Schichten erfolgreich ansprechen;
die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern;
durch eine Öffnung der Angebotsstruktur mehr Variabilität in den Betreuungszeiten und der Altersmischung schaffen und damit den Bedürfnissen von Familien stärker entgegenkommen;
den Übergang von der Kita in die Grundschule erleichtern.
Eine neue Nähe zu den Eltern
Die Entwicklung der Familienzentren steht im Kontext der Veränderungen in den Familienstrukturen, den wachsenden Herausforderungen an die Alltagsbewältigung in den Familien, den Veränderungen in der Berufswelt, aber auch zunehmender Unsicherheiten im Umgang mit der Erziehung der Kinder. Vor diesem Hintergrund hat das Land das Programm „Familienzentrum NRW“ gestartet.
Ausgehend davon, dass nahezu alle Kinder vor dem Eintritt in die Grundschule mindestens ein Jahr lang eine Kita besuchen und damit auch fast alle Eltern regelmäßigen und intensiven Kontakt zu den Einrichtungen haben, wurden die Familienzentren bewusst bei den Kindertageseinrichtungen angesiedelt. Zudem bringen Eltern dem Ort der Betreuung ihres Kindes ein großes Vertrauen entgegen, sodass Unterstützungsangebote leichter angenommen werden können.
Vielfältige Angebote
Die Familienzentren organisieren und vermitteln zahlreiche Hilfsangebote, die das Wohlergehen von Familien stützen und für Eltern und Kinder alltagsnah und gut erreichbar sind. Sie bieten zum Beispiel offene Sprechstunden für Erziehungs- bzw. Familienberatung an oder vermitteln und begleiten in eine weitergehende Beratung. Hiervon profitieren vor allem auch Familien in besonderen Lebenslagen wie Alleinerziehende und Familien mit Migrationshintergrund. Niedrigschwellige Elterncafés, Elternveranstaltungen zu pädagogischen Themen und Erziehungs-Kompetenz-Kurse tragen dabei ebenso zur Prävention und frühen Förderung bei, wie musisch-kreative und Bewegungs- sowie Ernährungsangebote für Eltern und Kinder. Darüber hinaus engagieren sich die Familienzentren beim Übergang der Kinder in die Grundschule, beraten Eltern in Fragen der Partnerschaft u. v. a. m.
Hilfen aus einer Hand
Durch die Bündelung der Angebote verschiedener Träger werden Bildung, Erziehung und Betreuung in Familienzentren mit bestehenden Angeboten der Familienbildung, -beratung und -unterstützung zusammengeführt. Die Leitidee der Familienzentren ist, Familien eine verlässliche Anlaufstelle für Alltagsfragen in ihrem Stadtteil zu bieten.
In der Praxis hat sich gezeigt, dass familiäre Unterstützungs- und Beratungsangebote besonders wirksam sind, wenn sie „aus einer Hand“ angeboten werden. Im Rahmen des Landesprogramms „Familienzentrum NRW“ wird deswegen die Zusammenführung von Bildung, Erziehung und Beratung als Aufgaben der Kindertageseinrichtung mit Angeboten der Beratung und Hilfe für Familien vorgenommen.
Bedarfsgerechte örtliche Netzwerke
Familienzentren sollen Hilfe- und Unterstützungsangebote gemeinsam mit anderen Anbietern erbringen oder dorthin vermitteln. Voraussetzung dafür ist ein funktionierendes Netzwerk verschiedenster Dienstleister, die auf der Basis sozialräumlicher Bedarfslagen die erforderliche Unterstützung zur Verfügung stellen und ggf. weitere Angebote entwickeln und abstimmen. Hiervon profitieren sowohl Eltern und Kinder, die ein passgenaues Angebot erhalten, als auch die kooperierenden Einrichtungen selber, denn es entstehen Synergieeffekte und Doppelstrukturen können vermieden werden. Im Rahmen solcher Verbünde sind auf örtlicher Ebene neue, ganz unterschiedliche, vielfältige Vernetzungsansätze mit der Familienbildung, Familienberatung, der Kindertagespflege, mit Gesundheitsbehörden, Kinderärzten, (Familien-)Hebammen, den Grundschulen, Jobcentern, mit kommunalen Ämtern und auch der Selbsthilfe und dem bürgerschaftlichen Engagement entstanden.
Familienzentren bieten somit eine Vielzahl von Dienstleistungen und Unterstützungsleistungen für Familien an. Dabei soll jedes Familienzentrum die Bedarfe von Familien im Stadtteil kennen und flexibel darauf reagieren. Flexibilität und Niederschwelligkeit sind die zentralen Leitlinien für Familienzentren, die passgenaue Zugänge zu den Angeboten für Familien in ihrem Umfeld schaffen.